Volle Terminkalender & keine Pause? Super! Oder?
Einleitung
Dieser Blog-Artikel über das Thema Stress könnte der Kürzeste von allen werden: Stress ist schlecht - Punkt. Die einen Leser würden denken “Weiß ich doch”, würden nicken und auf den nächsten Artikel warten. Die anderen Leser würden nur mit dem Kopf schütteln und enttäuscht die Seite schließen (zu Recht).
In diesem Artikel möchte ich etwas differenzierter auf dieses Thema schauen. Wann ist Stress positiv zu bewerten? Wann schadet er uns? Können wir das Wissen um ihn für uns nutzen?
Hauptteil
Dein Stress ist dein Stress und mein Stress ist mein Stress
Die WHO definiert Stress (Quelle 1) als eine natürliche Reaktion auf schwierige Situationen, die uns dabei unterstützt, Herausforderungen zu bewältigen. Unsere Reaktion darauf beeinflusst unser Wohlbefinden erheblich.
Für viele Leser mag diese Definition nicht viel Ausdrücken. Dieser Aussage stimme ich teilweise auch zu. Allerdings beinhaltet sie eine Wahrheit, die ich in meiner täglichen Arbeit mit leistungsorientierten Klienten gerne hervorhebe: Es kommt drauf an, was du für dich als Stress bezeichnest und nicht nur auf dich persönlich, sondern zusätzlich, in welchem Kontext Stress aufkommt.
Dazu gehören äußere Faktoren wie:
Umgebung
Soziale Beziehungen
Berufliche Anforderungen
Kulturelle Einflüsse
Und Innere Faktoren wie:
Persönliche Werte
Überzeugungen
Erfahrungen
Physische Gesundheit
Emotionale Verfassung
Aus dem Gleichgewicht gekommen
Stress ist kurz gesagt die Reaktion des Körpers auf Reize von außen. Diese Reize bringen das Gleichgewicht unserer Systeme (Homöostase) ins Wanken. Homöostase bezeichnet den Prozess, durch den biologische Systeme ein stabiles inneres Gleichgewicht aufrechterhalten, indem sie auf Veränderungen in ihrer Umgebung reagieren. Dieses Konzept wurde erstmals von dem Physiologen Walter Cannon im Jahr 1926 eingeführt (Quelle 2).
Kommen unsere Systeme ins Ungleichgewicht, versucht der Körper gegen zu regulieren. Dabei spricht man vom Zustand der Allostase. Die Allostase beschreibt die Fähigkeit eines Organismus, Stabilität durch Veränderung zu erreichen. Dabei werden physiologische Anpassungen vorgenommen, um auf tatsächliche oder wahrgenommene Stressoren zu reagieren und das innere Gleichgewicht (Homöostase) zu bewahren (Quelle 3).
Dieses Prinzip kennst du aus dem Sport vielleicht in Verbindung mit dem Begriff der Superkompensation. Der Trainingsreiz bringt unseren Körper dazu sich anzupassen. Mehr Kraft und/oder größere Muskeln sind die Folge. Durch die Anhäufung von Muskelmasse verspricht sich unser Körper das Ungleichgewicht aus Belastung und Belastbarkeit wieder herzustellen oder sogar über zu kompensieren (s. Superkomensation), damit der nächste Belastungsreiz keinen erneuten großen, eventuell schädigenden, Einfluss auf unseren Körper hat. Näher auf das Thema Belastung und Belastbarkeit gehe ich in meinem Blog-Artikel “Ist die Belastung zu stark, ist der Körper zu schwach” ein.
Kurzfritstig vs. langfristig - damals vs. heute
Das gerade verwendete Belastungsreiz-Beispiel kann eindeutig als kurzfristiger Reiz bezeichnet werden. Seit ca. 40.000 Jahren existiert der Mensch wie wir ihn heute kennen (Homo sapiens sapiens - Moderner Mensch). Die “Systeme” von denen ich hier des Öfteren spreche, sind noch deutlich älter. Die entdeckten Fossilien des Homo sapiens in Jebel Irhoud (Marokko) wurden auf ein Alter von etwa 300.000 Jahren datiert (Quelle 4). Oft kann man über genaue Zahlen lange diskutieren, was aber bleibt ist die Tatsache, dass wir Menschen und unser Körper viel Zeit hatten sich zu entwickeln.
An welche Stressoren konnte sich der Mensch also sehr gut anpassen?
Hunger und Durst
Kälte und Hitze
Infektionen
Raubtiere
uvm.
Die Konsequenz war zumeist: Bewegung!
Hatten unsere Vorfahren Hunger, mussten sie jagen oder sammeln gehen. Stand ein Raubtier vor ihnen, liefen sie um ihr Leben. Im Hinblick auf den Stressor begegnete uns also eher der kurzfristige, akute Reiz, der über eine überschaubare Zeit da war und dann wieder verging.
Womit sind wir heute konfrontiert?
Beruf
Finanzen
Soziale Medien
FOMO (Fear Of Missing Out) und ständige Erreichbarkeit
Das große Problem: Diese Stressoren begleiten uns rund um die Uhr. Eine Hypothek ist nicht schon nach 2 Wochen abbezahlt. Auch wenn der Beruf oder Hauskauf selbst gewählt sind, so schmälert das nicht den Effekt des nun langfristigen, chronischen Reizes.
Alte Software, neue Probleme
Durch die technologische Weiterentwicklung haben die Menschen es geschafft besonders in den Industrienationen alte Stressoren mehr oder weniger vollständig zu eliminieren. Haben wir Hunger, ist der Kühlschrank oder der nächste Supermarkt nicht weit weg. Ist uns kalt, ziehen wir uns wärmer an oder drehen die Heizung auf. Der Bedarf an der Auseinandersetzung und vor allem an der Bewegung ist auf das Minimum heruntergeschraubt worden.
Auswirkungen von chronischem Stress
Was ist, wenn der Stress (und der Stressor) bleibt und wir es nicht schaffen diesen auszugleichen?
Die möglichen Krankheiten, die entstehen können, sind vielfältig:
1. Psychische Erkrankungen:
2. Herz-Kreislauf-Erkrankungen:
3. Stoffwechselerkrankungen:
4. Immunsystem und Entzündungserkrankungen:
5. Magen-Darm-Erkrankungen:
6. Neurologische Erkrankungen:
Lösungsvorschläge
Wichtig zu verstehen ist, dass die o.g. Krankheitsbilder nicht ausschließlich mit langanhaltendem Stress zu begründen ist. Eine Kombination verschiedener Faktoren bedingen sie (zumeist). Das Aufsuchen und Begleitet-werden von fachkundigen Medizinern sollte immer mit eingeplant werden!
Einerseits besteht natürlich die Möglichkeit, die Trigger (Stressoren) zu vermeiden. Ein Jobwechsel und manchmal sogar der Partnerwechsel können, je nach Situation, den eigenen Zustand deutlich verbessern. Um langfristig die Resilienz, also die eigene Widerstandsfähigkeit zu erhöhen, gibt es Maßnahmen, die, mit etwas Übung und dem Implementieren der einen oder anderen Gewohnheit, sehr wirkungsvoll sind:
Bewegung bzw. Sport (Quelle 18 - PDF Download und Quelle 19)
Mindfulness und Meditation (Quelle 20)
Ernährung (Quelle 21)
Schlaf (Quelle 22)
Für die nötige Unterstützung sorgen in vielen Fällen Therapeuten, Coaches, Ärzte, aber auch Gadgets zur Messung verschiedener Entspannungsparameter (hier zu nennen die HRV (Quelle 23)- Herzratenvariabilität - als Regenerationsparameter
Der Geheimtipp
Eine Möglichkeit direkten Zugriff auf unser Entspannungssystem zu bekommen ist die Atmung. Das vegetative Nervensystem, quasi das Organsystem, kann von uns nicht bewusst gesteuert werden. Wir können unser Herz nicht willentlich schlagen, unsere Nieren nicht filtern und unseren Darm nicht verdauen lassen. Ein Eintrittstor sind unsere Gedanken. Wenn wir nervös, sauer oder glücklich sind, hat das definitiv Einfluss auf unsere Organe und ihre Physiologie. Ein weiterer Faktor ist, wie schon gesagt, die Atmung, die an anderer Stelle deutlich ausführlicher von mir behandelt wird.
Mit einer Atemübung möchte ich diesen Blog-Artikel abschließen, nämlich der Box-Atmung:
Setz dich an einen ruhigen Ort, an dem du nicht gestört wirst und lehn dich zurück. Noch effektiver ist es, wenn du diese Übung im Bett liegend direkt vor dem Schlafengehen machst!
Atme 4 Sekunden ein (fülle die Lungen komplett mit Luft), halte die Luft für weitere 4 Sekunden an, atme 4 Sekunden aus (für eine bessere Entspannung kannst du bis zu 8 Sekunden ausatmen) und halte die Luft wieder für 4 Sekunden an. Beginne mit 2x5 Boxen mit jeweils einer Minute Pause. Wenn du geübter bist, kannst du auf 2x10 Boxen erhöhen.
Wenn du diese Übung zur Routine machst, schläfst du meiner Erfahrung (an meinen Klienten und mir erprobt) nach 1-2 Wochen Übung innerhalb kürzester Zeit ein, schläfst besser durch und hast deutlich mehr Energie am nächsten Tag. Natürlich kannst du die Übung auch zwischendurch in einer ruhigen Minute machen (nur nicht am Steuer oder in sonstigen unpassenden Momenten!). Es reichen dann auch nur ein paar wenige Durchläufe (z.B. 3 Boxen).
Fazit
Der negative Einfluss von, vor allen Dingen, chronischem Stress auf unsere Gesundheit ist nicht von der Hand zu weisen. Die Überforderung in manchen Situationen wirkt häufig lähmend und kontraproduktiv für eine Lösungsfindung. Die Floskel “Bewegung ist gut für Körper und Geist” ist nicht nur daher gesagt! Sport ist ein hervorragendes Beispiel für akuten Stress, der positive Effekte nach sich zieht. Wie immer macht bekanntlich die Dosis das Gift. Ein “Zuviel” ist auch hier nicht ratsam. Um das Gesunde Maß zu finden, empfehle ich dir meinen Blogartikel “Mich bewegen? Ich habe schon genug Stress” zu lesen, in dem ich einige Anhaltspunkte zur richtigen Einordnung der eigenen Leistungsfähigkeit aufzeige.
Stress ist per sé nicht gut und nicht schlecht…es kommt auf die Situation an! Der Kontext hat entscheidend mitzureden.
In den nächsten Blog-Artikeln werde ich detaillierter auf Lösungsvorschläge eingehen und freue mich auf deine erneute Lust am lesen! Bis dahin wünsche ich dir viel Spaß beim atmen :-)
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Nutze auch gerne die Kommentarfunktion unter diesem Blogartikel, um deine Meinung sowie Fragen zum Thema und diesem Artikel und generelles Feedback dazulassen.
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Reel: “Akku leer! Was jetzt?”
Reel: “So findest du dein Optimum”
Literatur- und Quellenverzeichnis
Quelle 1: https://www.who.int/news-room/questions-and-answers/item/stress
Quelle 3: https://www.merriam-webster.com/dictionary/allostasis
Quelle 8: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0149763416301658?via%3Dihub
Quelle 15: https://Konturek, P. C., et al. (2011). Stress and gastric ulcers. Current Pharmaceutical Design.
Quelle 16: https://www.nature.com/articles/nrn2639
Quelle 17: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC8685490/
Quelle 19: https://link.springer.com/referenceworkentry/10.1007/978-3-662-49411-0_10-1
Quelle 20: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37879237/
Quelle 21: https://jamanetwork.com/journals/jamapsychiatry/fullarticle/210386
Quelle 22: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1087079207000986?via%3Dihub
Quelle 23: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22178086/
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